Urnengang vom:
15.April 07
Zürich
Eilige werfen je nach Akzentuierung einfach einer unserer Vorschläge ein. Fortgeschrittene finden weiter unten die Ausgangslage und Begründungen.
Für doch nicht so Eilige Tipps, wen man auch auslassen könnte und so Akzente setzt.
Bisher gab es wechselnde Konstellationen: Vier Bürgerliche (2 FDP, 1 SVP, 1CVP) auf der einen Seite, zwei Sozis und eine Grünliberale auf der anderen Seite. Wobei Usula Gut (FDP) ein Gehör für Ökologisches hat. Und Hans Hollenstein (CVP) sich dem SVP-FDP-Dogma verweigert, das Allerwichtigste sei es, nie mehr Steuern zu erhöhen. Sicher wiedergewählt werden:
Um die restlichen zwei Sitze kämpfen: Thomas Heiniger, FDP, Martin Bäumle, der den grünliberalen Sitz übernehmen will, der Grüne Martin Graf sowie ein SVP-Kandidat.
(So weit das bei der Auswahl möglich ist.)
Wer so wählt, tut alles, damit die SVP den zweiten Sitz nicht kriegt. Die Namen auf den Plätzen 1-4 sind sicher gewählt. Weil aber auch SVP-Fuhrer gewählt werden wird, fliegt von dieser Liste mit Garantie noch jemand raus. Wenn man also seine Präferenzen akzentuieren will, lässt man Bäumle (grünliberale), Graf (grün) oder Heiniger (FDP) weg. Wem die SVP-FDP-Allianz auf den Senkel geht, streicht Heiniger. Wissen muss man noch, dass Graf (grün) laut Umfragen weniger Chancen hat als Bäumle (grünliberal).
Damit hätte man eine Mehrheit für ökologische Fragen, in Wirtschaftsfragen lässt sich eine pointiert linke Politik nicht durchsetzen. Allerdings hat Martin Graf von den Grünen nur wenig Chancen.
Fest steht: Rita Fuhrer von der SVP wird ebenso wieder gewählt wie Ursula Gut von der FDP, Hans Hollenstein und die beiden SPler, die alle drei pragmatische Politiker sind. Dann geht es nur noch darum, den FDP-Kandidaten Heiniger zu wählen und den grünliberalen Bäumle, der ökologisch denkt, in Wirtschaftsfragen aber eher liberal ist. Nur so lässt sich ein zweiter SVP-Sitz verhindern. Im Regierungsrat hätten die vier bürgerlichen Politiker eine Mehrheit, sekundiert vom Wirtschaftspragmatiker Bäumle.
Wer's eilig hat steckt die Liste einer Partei, die einem entspricht, ins Wahlcouvert.
SP Die SP politisiert in Zürich zuweilen wirtschaftlich pragmatisch und findet sich mit der FDP. In Schulfragen ist die SP fortschrittlich. Sie ist aber eine tragende Säule des Gouvernantenstaates, der allen alles vorschreiben will. Die SP kämpft gegen Alkohol, Zigis und Rambazamba. Aufgeschlossener sind da die Grünen. [ SP Zürich ]
FDP Die FDP Schweiz versucht sich als moderne urbane Partei zu positionieren. Davon ist in Zürich wenig zu spüren, die Zürcher FDP hängt in vielen Fragen am Rockschoss der SVP. Die FDP kämpfte für den repressiven Wegweisungsartikel im Polizeigesetz, half aber, die Wiedereinführung der Polizeistunde zu verhindern. Ansonsten stützt die FDP die Anliegen der Wirtschaft. [ FDP Zürich ]
CVP Die CVP politisiert als Mittepartei. Sie ist durchaus bürgerlich, hat aber ein Gehör für soziale oder ökologische Anliegen. Sie profiliert sich mit Vorstössen für familienfreundliche Massnahmen. [ CVP Zürich ]
Grüne Die Grünen sind nicht nur öko, sondern auch konsequent links: Im Zweifelsfall immer für soziale Anliegen, höhere Steuern und gegen Wirtschaftsinteressen. Das hat dazu geführt, dass der Flügel mit Verständnis für Unternehmer sich als Grünliberale abgespalten hat. Bei den Grünen gibt es sowohl urbane Geister, die für eine lebendige Stadt einstehen, als auch Verbotsgrüne (Gabi Petri), denen jede Aktivität zuwider ist, weil sie „Mehrverkehr, Lärm und Gestank“ verursachen könnte. [ Grüne Zürich ]
Grünliberale Die Grünliberalen sind eine Abspaltung der Grünen und erklären, sie seien offen für Öko und Wirtschaft. Damit hätten sie die Chance, sich einer urbanen, unideologischen Wählerschaft zu empfehlen. Allerdings sind sie in Schulfragen konservativ und bekämpften Frühenglisch, und sie gehören zu den Parteien, die Bürger gerne bevormunden. Sie leben bislang von ihren beiden profiliertesten Mitgliedern: Gesundheitsdirektorin Verena Diener und Nationalrat Bäumle. [ Grünliberale ]
Alternative Liste Die AL war nicht mehr im Kantonsrat. Sie ist die Linksaussenpartei, die so wenig kompromissbereit ist, dass sie sich immer wieder zusammen mit der SVP im selben Boot findet. Die AL steht ein für Mieterinteressen, Schwule und Lesben, Ausländer. Sie hat wenig Verständnis für die Interessen von Unternehmen und kämpfte dafür, dass Sonntagsverkäufe in Bahnhöfen weitgehend verboten worden wären. [ Alternative Liste ]
Noch ein tendenziöser Rat Wir haben votez.ch lange darauf ausgerichtet, die Angriffe der SVP abzuwehren. Die SVP ist aber nicht mehr das einzige Problem. Stossend sind auch die Versuche, nach US-Vorbild alles und jedes reglementieren und möglichst viel verbieten zu wollen. Ob Leuenbergers UVEK anordnet, dass selbst SBB-Kondukteure zum Drogentest müssen oder den Velohelm vorschreibt, ob Raucher oder Säufer stigmatisiert werden sollen, ob man nachts eine Pizza bestellen, eine Flasche Wein kaufen oder in eine Bar darf, an vorderster Front dabei ist immer die SP. Deshalb können wir nur einzelne Kandidaten empfehlen und raten: Wer links wählen will, wirft besser grün oder alternativ ein.
Man wählt eine Partei-Liste aus, die einem einigermassen entspricht. Von der Liste kann man jeden Namen wieder streichen. Man ersetzt einen gestrichenen Namen mit einer Person, die man besonders gut findet und doppelt drauf haben will. Das kann jemand von der gleichen Liste sein. Oder von einer anderen Liste. ACHTUNG: Man darf nur Namen aus dem eigenen Wahlkreis auf die Liste schreiben. Das heisst, man kann nur Leute wählen, die auf einer der Listen aus dem Wahlcouvert stehen.
Das Problem: Nur wenige Leute auf den Zetteln haben überhaupt eine Chance, gewählt zu werden. Das heisst, es kann einem passieren, dass man einen bunten Hund wählt, die Stimme aber an einen konservativen Gewerkschafter geht, oder dass man eine urbane Freisinnige wählt und statt dessen einen verknorzten Biedermann kriegt. Faustregel: Nur die Leute ganz oben auf einer Liste haben eine Chance. Die andern sind Füllmaterial, das zu wählen sich nicht lohnt.
Über einzelne Kandidaten kann man sich auf SmartVote informieren. Das Problem an SmartVote: Man erhält Kandidaten, die oft nicht wirklich zur Wahl stehen, weil sie nicht den Hauch einer Chance haben.
In den Medien werden vor allem Themen diskutierte wie Steuerprozente, der Flughafen, der Verkehr. Uns interessieren Fragen, die direkt mit unserem Leben zusammen hängen. Da zeigt sich: Im Kantonsrat gehören Grünliberale und SP zu den Verbotspartien, die einem möglichst viel vorschreiben wollen. Die Grünen haben einen konservativen und einen progressiven Flügel.
Frühenglisch gehört nebst Französisch in eine moderne Schule. Dafür standen SP, CVP und FDP. Gegen eine zweite Fremdsprache waren konservative Teile der Grünen, die Grünliberalen, EVP und SVP. Allgemein fällt auf, dass die Grünen in Bildungsfragen im Kantonsrat hin und wieder in einen konservativen und einen progressiven Flügel gespalten sind. Die Konservativen stammen in der Regel vom Land. Die Progressiven aus der Stadt Zürich.
Gespalten waren die Grünen auch, als die SP angestachelt von der bigotten Züricher Polizeichefin Maurer die Polizeistunden wieder einführen wollten. SVP, FDP, CVP und Teile der Grünen verhinderten die Absage an ein liberalisiertes Gastgewerbegesetz.
CVP, SP, Grünliberale und Teile der Grünen wollen verbieten, dass man an Tankstellen und Videotheken eine Flasche Wein kaufen darf. Dagegen hielten die FDP und die progressiveren Teile der Grünen.
Beim Gesundheitsgesetz traten SP und EVP dafür ein, dass Zigarettenverkäufe an unter 18-Jährige verboten seien. Für Zigis ab 16 waren Grüne, CVP und FDP. Beim Verbot von Tabak- und Alkoholwerbung wollten SP, Grüne und EVP ein Totalverbot. FDP und SVP haben das auf ein Verbot für Plakate auf öffentlichem Grund abgeschwächt. SP, FDP und EVP waren dafür aus, das Rauchen in öffentlichen Gebäuden zu verbieten.
Das Polizeigesetz, wie es vom Kantonsrat demnächst festgesetzt wird, sieht unter anderem einen Wegweisungsartikel vor. Das heisst, die Polizei kann Leuten, die stören, verbieten, sich da aufzuhalten. Dagegen waren nur die Grünen. Die erste, ganz repressive Fassung des Artikels wurde nur von der FDP verteidigt.
Empfehlen möchten wir Urs Lauffer, FDP, auf die Liste zu nehmen. Lauffer, der im Zürcher Gemeinderat eine pragmatische Allianz mit der SP geschmiedet hatte und zum aufgeschlossenen Flügel des Freisinns gehört.
Die beiden bisherigen Kandidaten der SP, die Architektin Katrin Jaggi und SP-Präsident Martin Naef gehörten zum lockeren Flügel der SP, nicht zum Verbotsflügel. Die beiden Grünen Spitzenkandidaten, Gabi Petri und ihr Lebenspartner Knauss, stehen für den Zürcher VCS und versuchen, wo immer es geht, Strassenbauten und Parkplätze zu verhindern. Petri war im Kantonsrat federführend, als es darum ging, in Zürich die Polizeistunden wieder einzuführen, um Bars und Clubs an die Kandare zu nehmen. Die Alternativen haben nur eine Chance, wieder in den Rat zu kommen, wenn sie im Kreis 4 und 5 die 5-Prozent-Hürde nehmen. Deshalb haben Sie mit Markus Bischoff einen erfahrenen Politiker aufgestellt.
Gerne wieder im Rat sehen wir die Fraktionschefin der Grünen, Esther Gujer, die zum urbanen Flügel der Grünen gehört.
Der Kantonsrat wird nach einem neuen Modus gewählt. Bisher waren die kleinen Parteien gegenüber den Grossen (SP, SVP) benachteiligt. Die Sitzzahl der Parteien wird nicht mehr in jedem Wahlkreis für sich festgelegt, sondern in einem ersten Schritt entsprechend dem Wähleranteil über den ganzen Kanton. Erst in einem zweiten Schritt werden diese Sitze dann auf die einzelnen Wahlkreise verteilt. Das heisst: Keine Stimme geht mehr verloren. Wer in einem Wahlkreis zu Hause ist, in dem seine Lieblingspartei eigentlich keine Chance auf einen Sitz hat, kann diese trotzdem wählen. Seine Stimme fliesst in den "kantonalen Topf" und verhilft der Partei allenfalls in einem anderen Wahlkreis zu einem Sitz. Abgeschafft wurden auch die Listenverbindungen. Diese machten das Wählen bislang undurchsichtig und verfälschten das Resultat. Damit eine Partei überhaupt in den Kantonsrat kommen kann, muss sie aber zumindest in einem der insgesamt 18 Wahlkreise im Kanton einen Wähleranteil von mindestens 5 Prozent erreichen. Für die Grossen - SP, FDP, CVP, SVP und auch die Grünen und die EVP - ist das kein Problem. Die AL dürfte es in der Stadt Zürich (Kreis 4/5) schaffen. Die Grünliberalen müssen kämpfen.
Das Problem, das bleibt: Man kann vor allem Parteien wählen und hat bei den Personen, die einem im eigenen Wahlkreis zur Auswahl gestellt werden, nur eine sehr kleine Chance.
Ein Wort in aller Offenheit. Wir machen votez.ch jeweils, weil wir noch immer finden, es sei richtig und wichtig, wählen zu gehen. Als Trüppchen, das sich in Kernthemen findet und in anderen unterscheidet, verbindet uns neu auch: Wir haben allesamt selber grösste Mühe mit den Kantonsratswahlen.