Urnengang vom:
30.November 08
Seit vier Jahren ist Alexander Tschäppät (SP) Berner Stadtpräsident, er bewirbt sich erneut für das Amt. Herausgefordert wird er von Barbara Hayoz (FDP) und Jimy Hofer (parteilos).
Alexander Tschäppät (SP)
Für die Wahl des Stadtpräsidenten oder der Stadtpräsidentin finden sich in den Wahlunterlagen vorgedruckte Wahlzettel. Wers indivudell mag, nimmt die leere Liste und schreibt den Namen des bevorzugten Kandidaten eigenhändig hin.
Wählbar: Der amtierende Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) gefällt sich in der Rolle des Stadtvaters, der an jeder Hundsverlochete aufkreuzt; eine nicht zu unterschätzende Qualität eines „Stadtpräsidenten für alle“. Tschäppäts steht politisch klar links.
Wählbar: Finanzdirektorin Barbara Hayoz (FDP) wirkt spröde und erweckt nicht eben den Eindruck, als Brückenbauerin über die Parteigrenzen hinweg wirken zu können. Sie ist gesellschaftspolitisch aufgeschlossen, als Ökonomin aber eine stramme Bürgerliche.
Unwählbar: Alt-Rocker Jimy Hofer (parteilos) zielt mit einem unausgegorenen Sicherheit- & Sauberkeit-Programm auf Nichtwähler. Chancen hat er keine.
Bei der Wahl für die fünfköpfige Stadtregierung treten vier rot-grüne Kandidaten auf einer Liste gegen drei bürgerliche Listen an.
Leere Liste (Bezeichnung RGM) mit folgenden Namen: Alexander Tschäppät, Regula Rytz, Edith Olibet, Barbara Hayoz, Reto Nause.
Liste RotGrünMitte RGM
Wählbar, mit Abstrichen.
Auf der rot-grünen Seite treten die drei Bisherigen Alexander Tschäppät (SP, Stadtpräsident), Edith Olibet (SP, Bildung, Soziales und Sport) und Regula Rytz (GB, Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün), sowie der junge grüne Physiker Daniel Klauser an. Der Leistungsausweis des rot-grünen Trios könnte besser sein: Der Bahnhofplatz wurde zwar unter der Regie von Regula Rytz erfolgreich und termingerecht umgebaut. Die Situation für Velofahrer hat sich aber verschlechtert. Als Missstände bei der Sozialhilfe bekannt wurden, reagierte die zuständige Gemeinderätin Olibet spät und kommunizierte suboptimal. Die Fussball-EM, für die sich Stadtpräsident Tschäppät mächtig ins Zeug gelegt hatte, ging nicht nur wegen ihm so erfolgreich über die Bühne, sondern vor allem wegen den holländischen Fans. Vom grünen Neuling Klauser ist bis jetzt wenig bekannt, ausser dass er jung ist und politisch ein unbeschriebenes Blatt.
Bürgerliche Mitte (FDP/SVP/CVP)
Teilweise wählbar.
Auf bürgerlicher Seite gehen FDP, SVP und CVP mit einer gemeinsamen Liste ins Rennen. Neben der amtierenden Gemeinderätin Barbara Hayoz (FDP) wollen neu Beat Schori (SVP) und Reto Nause (CVP) in den Gemeinderat. Schori ist nicht wählbar, er gehört zum Sicherheits- & Sauberkeits-Flügel seiner Partei und hat sich auch sonst als rechter Hardliner hervorgetan. Die bisherige Finanzdirektorin Hayoz vertritt in gesellschaftspolitischen Fragen eine liberale Haltung (Legalisierung Cannabiskonsum, mehr Krippenplätze), in ihrem Kerngeschäft, den Finanzen, ist sie „wirtschaftsliberale durch und durch“ (Der Bund). Reto Nause schliesslich wäre der Job als Gemeinderat zuzutrauen, als CVP-Generalsekretär ist Politik sein Beruf. Mit den politischen Verhältnissen in Bern ist er als Stadtrat bestens vertraut.
Die Mitte – Gemeinsam für Bern
verschenkte Stimmen
Auf einer weiteren bürgerlichen Liste tritt Polizeidirektor Stephan Hügli (die Mitte, Ex-FDP) an, weil die FDP ihn nicht mehr unterstützt. Als Quittung für das Versagen der Polizei bei der Anti-SVP-Demo im Oktober 2007. Hügli hat kaum Chancen. Die Stimmen, die auf ihn entfallen, fehlen der anderen bürgerlichen Liste, womit der Erfolg von Rot-Grün besiegelt ist.
Liste Jimy Hofer
Die Liste ist unwählbar (siehe oben) und hat auch kaum eine Chance.
Seit 1992 verfügen linke und Mitte-Parteien über eine Mehrheit im Parlament. Diese will das RotGrünMitte-Bündnis zum fünften Mal verteidigen.
Liste 15 Grüne Freie Liste GFL (unverändert).
Liste anpassen: Man nimmt die vorgedruckte Liste seiner bevorzugten Partei und verändert sie. Dabei können Namen verdoppelt (kumulieren) und andere dafür gestrichen werden. Auch kann man Kandidaten von anderen Listen einfügen (panaschieren); Kandidaten-Nummer nicht vergessen!
Die leere Liste: Individualisten stellen auf einer leeren Liste ihr Wunschparlament zusammen. Einzelne Namen können dabei doppelt aufgeführt werden (kumulieren). Die Liste braucht nicht vollständig ausgefüllt zu werden. Die leeren Zeilen werden einer Partei als Zusatzstimmen angerechnet, sofern man deren Listennummer und Bezeichnung zuoberst auf der Liste hinschreibt.
Liste 6 FDP Männer
Liste 12 FDP Frauen
Das bürgerliche Original, die Partei der Wirtschaft. Wer eine Korrektiv zu den seit 16 Jahren ununterbrochen regierenden rot-grünen Parteien wünscht, wählt FDP. Die Partei steht für solide, bürgerliche Werte: Mehr Freiheit, weniger Staat, tiefere Steuern, weniger gesellschaftliche Solidarität.
Liste 7 Sozialdemokratische Partei SP / JUSO
Seit Jahren stellt die SP die grösste Fraktion im Stadtrat. In den kommenden Jahren will sich die SP für mehr Krippenplätze, neue Wohnungen und Ausbildungsplätze für Jugendliche einsetzen.
Liste 15 Grüne Freie Liste GFL
Die Grüne Freie Liste spielt oft das Zünglein an der Waage, indem sie auch mal gegen ihre Bündnispartner von RotGrünMitte stimmt. Abweichende Positionen vertritt die Partei etwa beim Kundgebungsreglement oder beim Umgang der Behörden mit dem Kulturzentrum Reitschule.
Liste 17 Grünliberale GLP
Die Zeitgeistpartei GLP tritt in Bern erstmals zu einer Wahl an. Besonders geeignet sind die Grünliberalen für Bürgerliche, denen der Umweltschutz ein Anliegen ist. Da die Grünliberalen ein ähnliches Gedankengut vertreten wie die GFL, dürfte sie eine schweren Stand haben.
Liste 18 Grünes Bündnis und GewerkschafterInnen – gb
Das Grüne Bündnis steht für traditionelle linke Politik: Solidarität mit MigrantInnen, gegen einen Polizeistaat, für einen starken, ausgebauten Sozialstaat.
Liste 2 jungfreisinnige stadt bern: Bernhard Eicher (Kandidat Nr. 02011)
Bernhard Eicher politisiert nicht stramm auf der Linie der Mutterpartei FDP. Vor seiner Amtszeit im Rat, fiel er immer wieder mit Vermittlungsversuchen im Zusammenhang mit dem umstrittenen Kulturzentrum Reitschule auf.
Liste 4 Liste Jimy Hofer: Jimy Hofer (Kandidat Nr. 04014)
Als Stadtpräsident und Gemeinderat ist Jimy Hofer unwählbar. Im Stadtrat hingegen könnte das Stadtoriginal durchaus für jene Unterhaltung sorgen, die dem Ratsbetrieb manchmal fehlt.
Liste 8 CVP Familie-Arbeit-Sicherheit: Reto Nause (Kandidat Nr. 08010)
Sollte es Reto Nause nicht in den Gemeinderat schaffen, so wäre dem „Animal Politique“ durchaus ein Verbleib im Parlament zu gönnen. Der 37 Jährige fungiert immer wieder als bürgerlicher Brückenbauer.
Liste 9 JA! Junge Alternative: Lea Bill (Kandidatin Nr. 09016), Anne Wegmüller (Kandidatin Nr. 09032)
Die beiden bisherigen Stadträtinnen der JA! setzen sich für Anliegen ein, die in der Realpolitik der grossen linken Parteien keinen Platz mehr haben: Für eine velofreundliche Stadt, für (jugend)kulturelle Freiräume, gegen ein Bettelverbot oder gegen das restriktive neue Bahnhofsreglement.
Liste 19 Kommunistische Liste – PdA: Willi Egloff (Kandidat Nr. 19119)
Kluge Köpfe, wie der Jurist und Urheberrechtsspezialist Willi Egloff zweifellos einer ist, würde der Stadtrat mehr vertragen.
Die BDP will sich zwar als moderate Alternative zur SVP à la Blocher positionieren, doch bringt die SVP-Abspaltung politisch weitgehend unerfahrene KandidatInnen. Wer bürgerlich wählen will, ist mit der FDP besser beraten.
Die Wahlkreise im Kanton müssen wegen einer früheren Reform neu definiert werden. Statt Amtsbezirken gibt es neu Verwaltungskreise. Abgestimmt wird über zwei Vorlagen: Zum einen muss die Verfassung geändert werden, zum anderen muss das Gesetz über die politischen Rechte entsprechend angepasst werden.
An der Murtenstrasse zwischen Eisenbahnlinie und Insel-Areal planen Kanton und Inselspital eine Überbauung, die unter anderem 500 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Ausserdem soll der betreffende Abschnitt der Murtenstrasse fussgängerfreundlich gestaltet werden. Für die Realisierung des Projekts muss die Überbauungsordnung dem Volk vorgelegt werden. Wermutstropfen der Vorlage: Ein als schützenswert eingestuftes, historisches Sandsteinreihenhaus fällt dem Projekt zum Opfer.
Das Areal, das auf der Allmend zwischen Eisstadion, Curlinghalle und Autobahn eingeklemmt liegt, soll künftig gewerblich genutzt werden können. Das eigentliche Bauprojekt will die Stadt in einem Wettbewerb ermitteln. Die Vorlage wird von keiner Partei bestritten.
Die Kaserne der Berufsfeuerwehr wird in ein paar Jahren vom Breitenrainquartier in das Gebiet Forsthaus West verlegt. Der heutige Standort an der Viktoriastrasse kann damit neu genutzt werden. Vorgesehen ist eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung. Der entsprechende Zonenplan wird von keiner Partei bestritten.
Für das kommende Jahr präsentiert die Stadt ein ausgeglichenes Budget. Ausgaben und Einnahmen sollen sich die Waage halten. Die Steuern werden nicht erhöht, aber auch nicht gesenkt. Trotzdem können gewisse Leistungen ausgebaut werden. So etwa bei der Kinderbetreuung oder bei den Beschäftigungs- und Integrationsangeboten der Sozialhilfe. Im Stadtrat hat die rot-grüne Mehrheit dem Budget zugestimmt, während es die bürgerliche Minderheit ablehnte. Sie hätte lieber gesehen, wenn anstelle des Leistungsausbaus aufgelaufene Schulden aus früheren Jahren abgebaut würden.