Urnengang vom
1 Ausbauschritt 2023 Nationalstrassen / Autobahnausbau
Für 5,4 Milliarden will der Bund Engpässe an fünf Autobahnstücken beseitigen, indem mehr Spuren gebaut werden. Umweltverbände, Linke sowie die GLP sind dagegen, weil der Kapazitätsausbau den Klimazielen widerspreche, und weil mehr Strassen stets mehr Verkehr nach sich ziehen. Und weil Wald und Kulturland verbaut wird. Das bürgerliche Ja-Lager argumentiert, dass die Schweiz wächst und deshalb mehr Transportkapazität brauche, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen. Und auch Elektroautos werden Strassen brauchen. Ein Nebeneffekt der Vorlage: Ein Ja dürfte zu einem höheren Benzinpreis führen, da der motorisierte Verkehr mitzahlen muss.
2 Mietrecht: Untermiete
Der Hauseigentümerverband (HEV) will, dass künftig Mieterinnen eine schriftliche Bewilligung des Vermieters brauchen, wenn sie ein Zimmer oder eine Wohnung untervermieten wollen. Die muss alle zwei Jahre neu eingeholt werden, bei Verfehlungen gibt es eine Verwarnung, dann kann gekündigt werden. Das gälte auch für Geschäftsliegenschaften. Der HEV argumentiert, man müsse Untermietende vor zu hohen Mieten schützen und führt Airbnb an. Der Mieterinnenverband und die Linke sagen, es ginge darum, Mieter rauszuwerfen, um die Mieten zu erhöhen. Das Airbnb-Argument sticht nicht, weil es oft Eigentümerinnen, nicht Mieter sind, die ihre Wohnung professionell auf Plattformen anbieten. Und unsinnig wäre der Aufwand, der für jede Bürogemeinschaft und jede WG mit der Regelung entstehen würde.
- Mehr: Siehe nächste Vorlage
3 Mietrecht: Kündigung wegen Eigenbedarfs
Wer eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus kauft, erbt oder besitzt, kann nur dort einziehen, wenn die Kündigung wegen Eigenbedarfs dringend ist. Die Hürde ist hoch und es kann komplizierte Verfahren nach sich ziehen, so dass es Jahre dauert, bis jemand in seine eigene Wohnung einziehen kann. Neu soll eine Kündigung wegen Eigenbedarfs etwas einfacher werden. Die Linke sieht darin ein Vehikel, um mittels fingiertem Eigenbedarf Mieterinnen rauszuwerfen und die Mieten zu erhöhen. Allerdings bestehen auch bei der neuen Regelung einige Hürden. Und bei der Vorlage geht es einzig um private Besitzer, die glaubhaft machen können, dass sie selbst in ihr Eigentum einziehen wollen.
Mehr über beide Mietvorlagen
4 Einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen
Heute beteiligen sich die Kantone an den Kosten, wenn Kranke in einem Spital übernachten. Für Behandlungen, bei denen Kranke wieder heimgehen, zahlen Kantone nichts. Deshalb haben Krankenkassen ein Interesse daran, dass Kranke möglichst im Spital bleiben, was die Kosten unnötig erhöht. Nach zehn Jahren Gebastel wurde parteiübergreifend ein Verteilerschlüssel ausgehandelt: In beiden Fällen, also mit und ohne Übernachtung, zahlen die Kantone grob einen Viertel, die Krankenkassen den Rest. Die Gewerkschaften sind dagegen, weil sie
- zu viel Macht bei den Krankenkassen befürchten, da die jetzt ¾ der Spitalkosten zahlen.
- Deshalb eine Verschlechterung fürs Personal fürchten.
- Sie warnen mit Fug vor höheren Prämien, weil die Langzeitpflege (Heime, Spitex) nicht mehr von den Kantonen, sondern ebenfalls zu 75% von den Krankenkassen bezahlt werden.
Allerdings braucht es endlich die Beseitigung des Kostentreibers der Spitalaufenthalte. Eine neue Vorlage ist nicht in Sicht, das spricht für ein Ja.
Derweil im Palament eine grosse Mehrheit von links bis rechts noch hinter der Vorlage stand, sagte die SVP-Parteileitung Nein, wurde aber von ihren pragmatischeren Gesundheitsdirektorinnen zurückgepfiffen. Die SP folgt – nachdem sie im Parlament mehrheitlich für ein Ja votierte – den Gewerkschaften, aber auch da scheren Gesundheitspolitikerinnen aus. Inzwischen ist die SP mit ihrem Nein allein, alle anderen sagen Ja, die Grünen stehen für Stimmfreigabe.
- Nein des Referendumskomitees
- Ja-Komitee
- WoZ zur Vorlage
- NZZ zur Vorlage
- Preisüberwacher Stefan Meierhans im Schwawinski-Talk zu den Ursachen der hohen Gesundheitskosten
Kommentar zu den beiden Mietvorlagen
Zwei Vorlagen stehen an. Erstens der Eigenbedarf. Wer eine Wohnung oder ein Wohnhaus besitzt oder kauft, kann heute oft nur mit viel Mühe und langwierigen Verfahren selbst dort einziehen, weil die Mieterschaft viele juristische Mittel hat. Das kann man gerecht finden oder nicht. Und es lassen sich für beide Perspektiven emotionalisierende Beispiele finden: Mieterinnen, die aus ihrem Umfeld gerissen werden und nichts mehr finden, weil sie wegen Eigenbedarf rausgedrängt werden. Oder Familien, die mit viel Anstrengung eine Wohnung erstehen, aber Jahre lang nicht einziehen können, weil ein Mieter alle Mittel ausschöpft.
Die Linke sagt, die Vereinfachung der Verfahren sei ein grossangelegter Angriff der mächtigen Immobilienlobby, um mehr Profite zu scheffeln. Das ist Unsinn. Beim Eigenbedarf geht es einzig um private Besitzerinnen, die eine Immobilie selbst bewohnen wollen. Immogesellschaften können keinen Eigenbedarf geltend machen.
Die Vorlage zur Untermiete, zweitens, sieht vor, dass Mieter neu eine schriftliche Bewilligung ihrer Vermieterin brauchen, wenn sie untervermieten wollen. Die Bewilligung müsste alle zwei Jahre erneuert werden. Scheinheilig behauptet der Hauseigentümerverband (HEV), damit wolle man Auswüchse bei Airbnb und überhöhte Untermieten verhindern. Auch das ist kompletter Unsinn. Wenn es darum geht, dass Recht von Immobilienbesitzenden auf Airbnb-Nutzung einzuschränken, hält der HEV jeweils dagegen. Und noch nie hat man gehört, dass der HEV, der vor allem ein SVP-Kampfvehikel ist, sich darüber grämt, dass jemand zu viel Miete zahlt.
Die Linke argumentiert generell, es ginge bei den beiden Vorlagen bloss darum, Mieterinnen rauszuwerfen, um die Mieten zu erhöhen. Das verweist auf das zugrundeliegende Problem: Die Preisdifferenz zwischen Alt- und Neumieten ist inzwischen so hoch, dass Wechsel der Mieterschaft für Vermietende oft attraktiv sind. Und Mietende, die suchen, finden nichts Vergleichbares. Das wiederum ist die Folge davon, dass die Bevölkerung in der Schweiz und vor allem in den Zentren zunimmt, derweil viel zu wenig Wohnraum produziert wird. Ein Zusammenhang, der inzwischen auch linken Ökonomen dämmert.
Ein Laboratorium zum Problem von Nachfrage und Wohnproduktion sind die Gliedstaaten der USA, wo generell und grob gilt: Demokratische Staaten, die mehr Einsprachemöglichkeiten gegen Neubauten und mehr Regulierungen haben, schneiden bei Wohnpreisen und dem Problem der «Homeless» schlechter ab als republikanische Staaten, die baufreundlicher sind.
Denn langfristig schlägt sich eine grosse Differenz von Angebot und Nachfrage immer im Preis nieder. Oder aber es kommen andere Verteilmechanismen für zu knappe Güter ins Spiel wie Korruption, Vetternwirtschaft oder die Bevorzugung bestimmter Gruppen. Bei hoher Knappheit, das zeigen viele Beispiele, funktionieren Preisdeckel oder ähnliche Massnahmen auf Dauer nicht. Oder aber, sie verhindern, dass gebaut wird.
Dazu kommt erschwerend, dass es meist recht lange dauert, bis Änderungen politischer Stellschrauben oder die preisdämpfende Wirkung eines erhöhten Angebotes durchschlägt. Etwa, weil es aus buchhalterischen Gründen kurzfristig attraktiver sein kann, eine hochpreisige Immobile leerstehen zu lassen, als den Preis zu senken.
Das Paradebeispiel für eine Stadt, die recht gut funktioniert, ist Wien, wo Genossenschaften, Private und die Stadt seit jeher kräftig bauen. Das wurzelt im produktionsorientierten Marxismus der 30er Jahre, der mehr Wohnraum für die Arbeiterschaft anpeilte. Die Schweizer Linke dagegen glaubt, das Problem verursachten vor allem besonders gierige Immobilienfirmen, die in Schach zu halten seien. Deshalb haben unsere links regierten Städte und die Linke generell keinen Plan, wie man der Nachfrage von mehr Menschen nach Wohnungen mit passender Produktion im grossen Stil begegnen könnte.
INFO – Autobahnausbau: Rheintunnel Basel
In Basel polarisiert der grossangelegte Rheintunnel, der zum Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen gehört und auf Bundesebene entschieden wird. Rot-Grün ist dagegen, die Bürgerlichen sind dafür. Auch die GLP ist für die Ausbauvorlage, weil sie den Bau des Rheintunnels ermöglicht. Dieser ist ein Anliegen der grünliberalen Baudirektorin Esther Keller, die sich noch im Wahlkampf um ihren Regierungsratssitz befindet. Obwohl die versprochene Entlastung von Quartierstrassen durchaus plausibel ist: Basel würde sich damit auch eine zehnjährige Baustelle und letztlich mehr Verkehr einhandeln.
Regierungsratswahlen, 2. Wahlgang
Im zweiten Wahlgang für den baselstädtischen Regierungsrat geht es um den letzten Sitz, mit einer spannenden Ausgangslage. Die SP hat im ersten Wahlgang ihre drei Regierungssitze gehalten, die Bürgerlichen ebenfalls. Der verbleibende Sitz gehört bisher der grünliberalen Baudirektorin Esther Keller. Sie nahm ihn vor vier Jahren den Grünen ab. Nun will die grüne Kandidatin Anina Ineichen diesen wieder zurückgewinnen. Mitte-Partei, Handelskammer und Gewerbeverband unterstützen Esther Keller offiziell, die anderen Bürgerlichen nur hinter vorgehaltener Hand. Die FDP zog ihrerseits die eigene, chancenlose Kandidatin nach dem 1. Wahlgang zurück, damit wegen Zersplitterung der Stimmen nicht am Ende Ineichen gewinnt. Riesig sind die inhaltlichen Unterschiede nicht, Esther Keller hat ein eher linkes GLP-Profil. Beim Autobahnausbau (mit dem Rheintunnel in Basel) ist Ineichen dagegen, Keller dafür. Für Rot-Grün geht es um viel Prestige, man war bei den Grossratswahlen erfolgreicher als erwartet und wittert nun die Chance, die rot-grüne Mehrheit in der Regierung zurückzugewinnen.
Initiative für mehr Musikvielfalt
Die Initiative «für mehr Musikvielfalt» will freie Musikschaffende aller Sparten stärker fördern, indem sie mindestens ein Drittel der kantonalen Musikförderung bekommen sollen. Hinter dem Anliegen stehen betroffene Musiker:innen, viele davon aus der immer noch unzureichend geförderten Populärmusik. Innerhalb der Kulturszene gibt es heftige Konflikte. Befürchtet wird, dass die Umverteilung der Gelder zulasten von Institutionen wie klassischen Orchestern oder Häusern geht, welche für die Kultur generell, aber auch für das freie Musikschaffen essenziell sind. Anders als vor vier Jahren bei der «Trinkgeld-Initiative» sind viele Kulturlobbyist:innen gegen diese Initiative, weil sie gegenseitige Konkurrenz fördert statt verbindend für alle Betroffenen einzustehen. Von den Parteien sind SP und BastA dafür, die Grünen haben Stimmfreigabe beschlossen, alle anderen sind dagegen.
Stimm- und Wahlrecht für Ausländer:innen
Ausländer:innen, die fünf Jahre im Kanton Basel-Stadt wohnen, sollen künftig in Kantonsangelegenheiten abstimmen und wählen können. Die politische Mitsprache für alle, die in Basel wohnen, ist ein wichtiges fortschrittliches Anliegen. Die Hälfte der Einwohner:innen ohne Schweizer Pass (mit C-Bewilligung) käme so zum Stimm- und Wahlrecht. GLP, Grüne, BastA und SP sagen Ja, die EVP und alle bürgerlichen Parteien sagen Nein. Sie wollen daran festhalten, dass sich zuerst einbürgern muss, wer abstimmen will.
ESC 2025
Für die Durchführung des Eurovision Song Contest (ESC) in Basel hat das baselstädtische Kantonsparlament einen Kredit über 37 Millionen Franken gesprochen. Die ESC-Gegner von der in Basel bedeutungslosen EDU haben überraschend einfach eine Referendumsabstimmung herbeigeführt. Sie argumentieren in erster Linie mit Steuergeldverschwendung, in zweiter Linie mit Satanismus und Hexerei, welche der ESC fördern soll. Letztlich stecken dahinter christlich-reaktionäre und homophobe Kreise, die sich nur dürftig tarnen. Allein dafür verdienen sie mit einem klaren Ja eine deutliche Abfuhr.
Wahl Stadtpräsidium
Dafür bewerben sich gleich vier Personen. Der bisherige Stapi Alec von Graffenried (Grüne Freie Liste) erhält dabei Konkurrenz aus dem eigenen Parteienbündnis, nämlich von Marieke Kruit (SP). Das wird spannend: von Graffenried geniesst den Bonus des bisherigen Amtsinhabers, Kruit gehört zur stärksten Partei in der Stadt.
Die Kandidierenden des bürgerlichen Lagers, Melanie Mettler (Grünliberale) und Janosch Weyermann (SVP) sind angesichts der Kräfteverhältnisse in Bern ziemlich chancenlos.
Achtung: Stadtpräsident(in) kann nur werden, wer zugleich in den Gemeinderat gewählt wird.
Wen soll ich wählen?
- Wer Kontinuität will und ein nur mässig progressives Stadtoberhaupt bevorzugt, stimmt für Alec von Graffenried.
- Wer es ein bisschen resoluter mag und vor allem, wer es höchste Zeit findet für eine Frau an der Spitze der Stadt, wählt Marieke Kruit – eine eher gemässigte, kompromissbereite Exponentin der SP.
- Wer ein Zeichen gegen die jahrzehntelange Dominanz von Rot-Grün-Mitte setzen will, wählt Melanie Mettler oder Janosch Weyermann.
Wahl Gemeinderat
Seit 1992 haben die vereinten Rot-Grün-Mitte-Parteien (RGM) in der Stadtregierung die Mehrheit, seit 2016 sogar mit vier von fünf Sitzen. Doch nun haben die bürgerlichen Parteien – von den Grünliberalen bis hin zur SVP – ebenfalls eine gemeinsame Liste lanciert, sie nennt sich «Meh Farb für Bärn!» Der Zusammenschluss verschafft den Bürgerlichen in der Proporzwahl die Chance, einen zweiten Sitz zu gewinnen. Drei bisherige Gemeinderatsmitglieder treten nicht mehr an: Franziska Teuscher (Grüne), Michael Aebersold (SP) und Reto Nause (Die Mitte).
Wen soll ich wählen?
Wer auf eine velo- und fussgängerfreundliche Stadt setzt, mit mehr Biodiversität und klimagerechten Massnahmen, wer ausserdem eine grosszügige Sozialpolitik und mehr preisgünstigen Wohnraum erwartet, ohne sich allzu sehr um die Stadtfinanzen zu sorgen, wählt Rot-Grün-Mitte. Innerhalb dieser Liste gelten Marieke Kruit (SP, bisher) und Alec von Graffenried (Grüne Freie Liste, bisher) als eher gemässigt und einfühlsam für bürgerliche Anliegen. Dies gilt zumindest teilweise auch für Matthias Aebischer (SP, neu). Ursina Anderegg (Grüne, neu) steht für eine kompromisslosere links-grüne Politik.
Wer hingegen den motorisierten Verkehr nicht noch mehr einschränken möchte, die Wünsche des Gewerbes hochhält und den Schuldenberg der Stadt (siehe Abstimmung zum Budget 2025) als grosses Problem sieht, wählt «Meh Farb für Bärn». Auf dieser Liste sind Melanie Mettler (Grünliberale, neu) und Bettina Jans-Troxler (EVP, neu) zwar finanz- und wirtschaftsbezogen bürgerlich orientiert, aber auch «grünen» Anliegen nicht abgeneigt. Florence Pärli (FDP, neu) und Béatrice Wertli (Die Mitte, neu) stehen für eine konsequent bürgerliche Politik. Janosch Weyermann (SVP, neu) vertritt rechtskonservative Postitionen, wobei er innerhalb der SVP nicht zu den Hardlinern zählt .
Natürlich kann man auch auf eine leere Liste Kandidierende aus beiden Blöcken schreiben (etwa um auszudrücken, welche Zusammensetzung der Stadtregierung einem angemessen erscheint).
Wahl Stadtrat
Um die 80 Sitze im Stadtparlament bewerben sich 535 Personen auf 19 verschiedenen Listen. Von pointiert rechtsbürgerlich bis pointiert linksaussen ist für jede und jeden etwas dabei.
Wen soll ich wählen?
Wer den bisherigen Kurs der Rot-Grün-Mitte-Mehrheit unterstützt, also etwa weniger motorisierten Privatverkehr, mehr Grün, mehr bezahlbare Wohnungen und eine grosszügige Armutsbekämpfung wünscht, wählt eine Partei aus diesem Spektrum (in der Reihenfolge der Listennummern: JUSO, GFL, AL, GB, JA, SP, Volt, PdA).
Wer den motorisierten Verkehr nicht weiter ausbremsen, den Bedürfnissen des Gewerbes entgegenkommen und einen sparsamen Umgang mit den knappen Stadtfinanzen wünscht, wählt Mitte-Links bis Mitte-Rechts (FDP, EVP, JF, JGLP, GLP, Die Mitte).
Budget 2025
Für das kommende Jahr ist ein Ausgabenüberschuss von rund 30 Millionen Franken vorgesehen; das sind zwei Prozent der gesamten Budgetsumme. Zu viel für die bürgerlichen Parteien von Grünliberal bis SVP: Berns Schuldenberg werde damit zu hoch, das städtische Eigenkapital sei bald einmal aufgebraucht und es drohten höhere Steuern. Kurz: Es müsse mehr gespart werden.
Die links-grüne Mehrheit im Stadtparlament hält wenig von diesen Alarmtönen. In ihren Augen sind die Stadtfinanzen trotz allem solide, die Kapitalreserven intakt und die Schuldenlast vertretbar. Mit der wachsenden Bevölkerung seien zahlreiche Investitionen in Schulen und Sportanlagen unabdingbar. Und Bern solle sich weiter in Richtung einer sozialen und ökologischen Stadt mit hoher Lebensqualität entwickeln. Dies werde sich auch mit mehr Steuereinnahmen auszahlen, was ja nicht einen höheren Steuersatz bedeuten muss. Wir schliessen uns dieser Einschätzung an.
Berner Aspekte der nationalen Abstimmung zum Autobahn-Ausbau
Von den sechs Ausbauprojekten, über die abgestimmt wird, betreffen zwei den Kanton Bern:
- Die A1 am Grauholz zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl (Abzweigung der Autobahn nach Biel) soll von 6 auf 8 Spuren erweitert werden. Damit würden 13,4 Hektaren (ca 19 Fussballfelder) Landwirtschaftsland und 3,5 Hektaren (5 Fussballfelder) Wald verbaut.
- Zwischen Schönbühl und Kirchberg (Raum Burgdorf) soll die A1 von 4 auf 6 Spuren ausgebaut werden. Dieser Erweiterung würden insgesamt 5,5 Hektaren Kulturland und Wald (knapp 8 Fussballfelder) zum Opfer fallen.
Die schweizweit sechs Ausbauprojekte würden (finanziert durch den Bund) insgesamt 5,3 Milliarden Franken kosten. Das sei notwendig, um künftige Staus zu vermeiden, sagen die Befürworter. Die Gegnerschaft hält dagegen, breitere Autobahnen würden nur noch mehr Verkehr erzeugen – der dann auch Hauptstrassen und Dörfer verstopft. Auch widerspreche der Autobahnausbau den Schweizer Klima-Zielen.
1 A. Direkter Gegenvorschlag «Bezahlbare Wohnungen» & 2 B. Indirekter Gegenvorschlag (Übertragung von 300 Millionen)
INFO – 1 A. Direkter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen»
Um kostengünstige Wohnungen anzubieten, soll der Stadtrat an städtische Stiftungen Darlehen pro Haus in der Höhe von 20 Millionen vergeben können, um damit die Häuser zu kaufen.
INFO – 2 B. Indirekter Gegenvorschlag (Übertragung von 300 Millionen)
Zur Finanzierung des Gegenvorschlags sollen die vier städtischen Wohnbaustiftungen 300 Millionen erhalten. Die Linke sagt Ja, weil damit Wohnungen den gierigen Immobilienkonzernen entzogen würden. Bürgerliche und GLP sagen Nein, weil die Stiftungen oft zu viel bezahlten und weil nur wenige Glückliche profitieren, derweil keine neuen Wohnungen entstünden.
3 Volksinitiative «Tschüss Genderstern!»
2019 untersagte das Büro des Gemeinderates einen Vorstoss der SVP-Politikerin Susanne Brunner, weil er nicht genderneutral formuliert sei. Darauf startete sie die Initiative, die Sonderzeichen wie in Zürcher*innen verbieten will, weil es zu grammatikalischen Fehlern komme. Darin wird sie von den Bürgerlichen Parteien unterstützt. Die Linke und die GLP wollen mit dem Genderstern ein inklusives Klima für alle schaffen.
4 Privater Gestaltungsplan «Areal VZA1»
Die UBS plant in Altstetten einen 108-Meter-Büroturm aus Beton und Holz mit öffentlicher Dachterrasse. AL und die Grünen sind gegen «Spektakelarchitektur», gegen hohe Verdichtung und kritisieren, dass der Bau CO2 verursacht. Die Ja-Seite von links bis rechts lobt, dass sich das Projet an den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaften orientiert, mit dem Baustoff Holz eine gute CO2-Bilanz habe, zur Verdichtung beiträgt und etwas für den Wirtschaftsstandort Zürich tue.
5 Abgangsleistungen für Behördenmitglieder
2021 sackte SP-Schulpräsident Roberto Rodriguez 650’000 «Entschädigung» ein, indem er seinen Job kündigte. Die Vorlage ist eine weitere Anpassungen im Gefolge des Skandals. Neu werden «Abgangsentschädigungen» – ausser beim Stadtrat – im Personalrecht geregelt. Alle Parteien sind dafür, mit Ausnahme der SVP, die kritisiert, dass damit Entschädigungen nicht unterbunden werden.
6 Ersatzneubau Rathausbrücke für 58 Millionen
Die Ratshausbrücke muss saniert werden, es braucht Anpassungen wegen des Hochwasserschutzes. Alle Parteien sind dafür – mit Ausnahme der SVP, die die Kosten bekrittelt.