Wahlen vom 12. Februar 2023

12. Februar 2023
more
Kanton Zürich
more
Info

Regierungsratswahlen für Eilige

Wahlen Zürich vom: 12. Februar 2023

Auf die blaue Liste schreibt man – je nach Präferenz – die Namen folgender Listen. Wichtig zu wissen: Die reale Auseinandersetzung geht um Platz Nummer sieben. Und um den streiten Priska Seiler (SP) und Silvia Steiner (Mitte), wobei letztere zum Bürgerblock gehört. Der Rest ist geklärt.

Hauptsache links, alles andere ist egal

Mehr Bürgerliche, bitte

Je nach gusto ergänzen mit Kandidaten zwischen den Blöcken

Frauen! (was anderes kommt nicht in Frage)

 

more
Info

Kantonsratswahl für Eilige

Wer’s eilig hat, steckt eine Partei,-Liste die einem entspricht, ins Wahlcouvert.

Achtung: Parteien mit Listennummern ab 10 sind chancenfrei, weil sie nirgends die 5-Protzen-Hürde übersteigen werden. Deshalb lohnt sich die Wahl nicht.

Die grosse Perspektive: Seit 2019 hat die “Klimaallianz” bestehend aus AL, Grünen, SP, GLP und EVP eine knappe Mehrheit. Sie agiert meist pragmatisch und ohne die Gegenseite komplett an die Wand zu drücken. Deshalb hat sie Erfolg. Derweil etwa die SP mit einer nicht genug breit abgestützten Kindervorlage an der Urne Schiffbruch erlitt. In Wirtschaftsfragen spielt die Allianz nur sehr beschränkt, da schlägt sich die GLP öfters auf die Seite der Bürgerlichen, was andere Mehrheiten ergibt. Da für Grüne und SP Verluste prognostiziert sind, ist die Mehrheit der Klimaallianz gefährdet.

Zu den einzelnen Parteien

SP, Liste 2: Ideologisch fest

In den letzten Jahren sind der SP viele Aushängeschilder vom wirtschaftsfreundlichen Flügel abgesprungen, derweil bei der SPS ehemalige Jusos den Ton angeben, die vor allem als Verhinderer auffallen. Für den Wirtschaftskanton entscheidend: Im Schlepptau des Anti-EU-Gewerkschaftsboss Maillard half die SPS das Rahmenabkommen mit der EU zu versenken. Verlässlich ist die SP in Umweltfragen. Und streitet ansonsten für höhere Sozialausgaben. (SP Zürich)

FDP, Liste 3: Wirtschatspartei auf der Suche nach einer neuen Rolle

Die FDP hadert mit ihrer neuen Rolle als Partei in der Minderheit und dem Verlust des zweiten Regierungsratssitzes. Sie schwankt zwischen moderner Politik, etwa indem sie gegen die Betonköpfe des Hauseigentümerverbands das ökologische Energiegesetz unterstützte. Und populistischem Gepolter, etwa von Kantonsrat Bourgeois. (FDP Zürich)

GLP, Liste 4: Grün, wirtschaftsaffin, gesellschaftsliberal

Die GLP hat einen Generationenwechsel durchgeführt, nebst grün ist sie etwas nach links gerückt, setzt sich für pragmatische Gleichstellungsziele ein. Sie bleibt finanzpolitisch sparsam und wirtschaftsnah. Und sie steht für eine Position, die früher die SP gepachtet hatte: die EU-Affinität. Verkörpert etwa durch Exponentinnen der Operation Libero, die sich oft erfolgreich der SVP entgegengestellen. Das macht die GLP nicht nur attraktiv für Bürgerliche, die um die Bedeutung der Klimafrage wissen. Sondern auch für SP-Wählerinnen, denen bei der heutigen SP der sozialliberale Flügel sowie eine EU-Politik fehlt, die über Lippenbekenntnisse hinausgeht. (GLP)

Grüne, Liste 5: Grün und pragmatisch

Die Grünen im Kantonsrat arbeiten pragmatisch und haben mit der Klimaallianz einiges erreicht. Zusammen mit der SP streiten sie gegen Soziallabbau und für Umweltschutz. Der grösste Unterschied: Weil die Grünen nicht Gewerkschafts dominiert sind, sind sie sehr viel EU-affiner. (Grüne Zürich)

Mitte, Liste 6: Fest im Bürgerblock

In der Mitte gibt mit Fraktionschef Josef Widerkehr ein Mann rechts der Mitte den Ton an. Die ehemalige CVP, die sich jetzt «Mitte» nennt, ist fest in den Bürgerblock eingebunden. Ausnahme: Der Wahlschlager der nationalen CVP: Krankenkassenprämien. ( Mitte)

EVP, Liste 7: Sozial, öko – und christlich

Die EVP hat sich von ihrer Frömmlervergangenheit befreit. Sie ist dem Umweltschutz und sozialen Fragen gegenüber aufgeschlossen und politisiert ausserhalb des Bürgerblocks. (EVP Zürich)

Alternative, Liste 8: Für Grundrechte und linke Anliegen

Die AL ist die Partei am linken Rand. Sie hat ein feines Sensorium für die Rechte des Bürgers gegenüber der Staatsgewalt. Und setzt auch mal auf unheilige Allianzen mit der SVP, falls es ihren Zielen dient.  (Alternative Liste)

more
Info

Regierungsratswahl für Fortgeschrittene

Der Mitte-Rechts Rergierungsrat setzt sich zusammen aus zwei SVPlern (Natalie Rickli, Ernst Stocker), der FDP-Baujuristin Carmen Walker Späh und der ehemaligen CVP- (heute Mitte) Staatsanwältin Steiner, die in den Bürgerblock eingebunden ist. Auf der Linken stehen der Grüne Martin Neukomm, sowie Jacqueline Fehr (SP), derweil Mario Fehr (ex-SP) in Sicherheitsfragen eine polizeifreundliche Linie verfolgt, ohne deswegen das Schreckgespenst zu sein, dass die Juso von ihm zeichnet.

Alle Bisherigen treten wieder an. Von den Neu-Kandidierenden hat höchstens Priska Seiler (SP) eine reelle, Peter Grünenfelder (FDP) eine klitzekleine Chance. Und zwar gegen Bildungsdirektorin Steiner (Mitte), die gemäss Umfragen die geringste Stimmenzahl der Bisherigen erhält. Alle anderen machen mit, um sich für einen Nationalratssitz zu positionieren. Um ihrer Partei zu helfen. Oder weil es sich um Spinner, Querulanten, um Leute mit Geltungsdrang handelt.

Wer auf eine linkere Regierung hofft, streicht auf jeden Fall Steiner (Mitte), die am wenigstens Chancen hat, und wählt dafür Priska Seiler (SP). Wer es gerne bürgerlicher hätte, wählt Grünenfelder (FDP) sowie sicherheitshalber Steiner.

Schaut man zurück auf die Legislatur, so bleibt in Erinnerung, dass Schuldirektorin Steiner es nicht fertig brachte, während der Pandemie Luftmessgeräte für die Schulen zu organisieren. Jacqueline Fehr fiel auf durch zuweilen konfuse Aussagen in Sachen Pandemie. Und einem Datenskandal. Überraschend waren vor allem die beiden Neuen: Martin Neukomm (Grüne) brachte mit grosser Mehrheit das Energiegesetz durch die Abstimmung und hat heute Zustimmung weit über seine Partei hinaus. Natalie Rickli (SVP), die früher als nationalkonservative Hardlinerin auffiel, tat als Gesundheitsdirektorin das, was während Corona Not tat. Sie liess sich weder vom Druck aus der eigenen Partei noch von Impfgegnerinnen und Obskurantisten beirren, und empfiehlt sich damit als pragmatische Exekutivpolitikerin.

Da Wahlkampf ein mühseliges Unterfangen ist, besonders, wenn man eigentlich weiss, dass man chancenfrei ist, kann man Leute, die einem politisch oder sonst sympathisch sind, mit einer Stimme “belohnen”. Etwa Anne-Claude Hensch-Frei von der AL oder Bruno Scherrer von der GLP, die beide nicht in den Regierungsrat kommen werden.

Mehr zu den einzelnen Kandidatinnen

Jacqueline Fehr, SP (bisher)

Die Justizdirektorin ist am linken Flügel der SP angesiedelt und hat die Justiz unter sich. Fehr, die sich lange als “Querdenkerin” verkaufte, fiel auf, als sie zu Beginn der Corona-Epidemie gegen das Maskentragen polemisierte, das sie mit der islamischen Frauengesichtsverhüllung Niqab verglich. Nicht abschliessend einordnen lässt sich ein Skandal, bei dem Festplatten aus den Justizbehörden im Zürcher-Milieu landeten, wobei Fehr alles unter dem Deckel behielt.  Zugute halten muss man Fehr, dass sie sich während der Corona-Epidemie energisch für Kulturschaffende und ihre ökonomischen Nöte einsetzte.

Wahlchance: Gewählt

Mario Fehr, Ex-SP (bisher)

Fehr war lange das Sorgenkind der SP, weil er eine repressive Sicherheitspolitik verfolgt. Da er zudem vom eher wirtschaftsfreundlichen Flügel der SP kommt, passte er nicht mehr zu jusoifizierten SP. Aufgeschlossen ist er in Umweltfragen, er hat ein Gehör für soziale Fragen und nicht einmal seine Mimosenhaftigkeit werden ein gutes Wahlresultat verhindern.

Wahlchance: Gewählt

Martin Neukom, Grüne (bisher)

Seine Wahl vor vier Jahren war eine Sensation. Er gewann gegen das FDP-Schwergewicht Vogel, welcher sich Stimmen durch seine Spitzen gegen die Stadt Zürich und gegen den Umweltschutz versprach. Seither geniesst der ehemalige Kantonsrat Neukom, der als Energiespezialist zur technischen Intelligenz gehört, Sympathie weit über die Parteigrenzen hinaus. Mit Bravour brachte er ein ökologisches Energiegesetz durch die Volksabstimmung und ist in der Lage, viele Gegner einzubinden.

Wahlchance: Gewählt

Natalie Rickli, SVP (bisher)

Rickli machte als Nationalrätin eine Karriere als Hardlinerin, die vor allem für Gesetzesverschärfungen stand. Kaum als neue Gesundheitsdirektorin gewählt, oblag ihr das Management der Pandemie. Und da bestach Rickli durch Rückgrat gegenüber den Forderungen aus ihrer Partei sowie den Anfeindungen von Coronaleugnern und Obskuratistinnen, die sie an jedem Auftritt bedrängten. Rickli scheint ein Paradebeispiel dafür wie Kollegialregierungen, Sachzwänge und der Sachverstand der Verwaltung eingefleischte Parteipolitiker in problemlösungsorientierte Pragmatikerinnen verwandelt. (Analog: Der Aargauer SVP-Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati.) Deshalb führen wir sie auf, derweil votez.ch nationalkonservatives Personal normalerweise rechts aussen liegen lässt.

Wahlchance: Gewählt

Silvia Steiner, Mitte (bisher)

Steiner war eine eher gestrenge Bezirksanwältin, anfänglich machte sie als Schuldirektorin vor allem mit Einsparungen von sich reden. In der Coronazeit hatte man den Eindruck, dass sie zu sehr einen Mitte-Weg zwischen den Fronten sucht, und Gebotenes wie Luftmessqualität in Schulräumen verschläft. Ihre Schulpolitik, die vor allem Aussenseiterinnen und Schwache durch Integration in grosse Klassen fördert, passt besser zur Linken, obwohl Steiner zum Bürgerblock gehört.

Wahlchance: Gut, mit einem kleinen Unsicherheitsfaktor

Carmen Walker Späh, FDP (bisher)

Die Baujuristin, ehemalige Präsidentin der FDP- Frauen und Kantonsrätin, setzt auf bau- und wirtschaftsfreundliche Lösungen. An der Urne scheiterte sie mit dem Projekt, die Rosengartenstrasse in einen Tunnel zu versenken. Sie setzt sich ein für den Innovationspark auf dem Gebiet des Flughafen Dübendorf. Walker Späh ist eine Pragmatikerin und in gesellschaftspolitischen Fragen aufgeschlossen.

Wahlchance: Gewählt

Priska Seiler, SP, neu

Seiler präsidiert die SP des Kantons und sitzt im Nationalrat. Sie gibt sich als europhil, wobei man von ihr keine Kritik an der SP-Spitze hört, welche im Schlepptau des Anti-EU-Gewerkschaftsboss Maillard das Rahmenabkommen mit versenkte. Einen Namen hat sich Seiler gemacht als Sicherheitspolitikerin und mit einer Initiative gegen die neuen Militärflieger. Gerne betont sie ihre Verbundenheit mit der Agglomeration.

Wahlchance: Intakt

Peter Grünenfelder, FDP, neu

Grünenfelder leitet den wirtschaftsnahen Thinktank Avenir Suisse, wobei er mehr Lobbyist als grosser Denker sei, schreibt die linke WoZ. Grünenfelder hat eine Abneigung gegen Velowege und misstraut allem Staatlichen. Er positioniert sich am rechten Rand der FDP, und dürfte vor allem auf ein Nationalratsmandat schielen. Bei seinem Start als Boss von Avenir Suisse tauchten auch Fragezeichen bezüglich seiner Eignung als Chef auf.

Wahlchance: Gering

Bruno Scherrer, GLP

Kantonsrat Bruno Scherrer ist Bildungspolitikrer und verkörpert die Bäumle-Generation der GLP: Solide in Umweltfragen, eher rechts in Wirtschaftsfragen.

Wahlchance: Keine

Anne-Claude Hensch, AL

Die Kantonsrätin und Heilpädagogin vom linken Rand ist auf Schulfragen spezialisiert und steht für Grundrechte.

Wahlchance: Keine

more
Info

Kantonsratswahl für Fortgeschrittene

Kantonsratwahl für Fortgeschrittene I

Man wählt eine Partei-Liste aus, die einem einigermassen entspricht. Von der Liste kann man jeden Namen streichen. Man ersetzt einen gestrichenen Namen mit einer Person, die man besonders gut findet und doppelt drauf haben will. Das kann jemand von der gleichen Liste sein. Oder von einer anderen Liste. Achtung: Man darf nur Namen aus dem eigenen Wahlkreis auf die Liste schreiben. Das heisst, man kann nur Leute wählen, die auf einer der Listen aus dem Wahlcouvert stehen.

Das Problem: Nur wenige Leute auf den Zetteln haben überhaupt eine Chance, gewählt zu werden. Das heisst, es kann einem passieren, dass man einen bunten Hund wählt, die Stimme aber an einen konservativen Gewerkschafter geht. Oder dass man eine urbane Freisinnige wählt, stattdessen aber einen verknorzten Biedermann kriegt. Faustregel: Nur die Leute ganz oben auf einer Liste haben eine Chance. Die andern sind Füllmaterial. Die speziell zu wählen, lohnt sich nicht.

Über einzelne Kandidaten kann man sich auf SmartVote informieren. Das Problem dabei: Man erhält Kandidatinnen, die oft nicht wirklich zur Wahl stehen, weil sie nicht den Hauch einer Chance haben. Und: Besser als nur die Grafik anzusehen, ist es auf jeden Fall, die Fragen der Kandidierenden zu konsultieren.

Kantonsrat für Fortgeschrittene II

Weil der Kanton die grösste Bevölkerung hat und in einem halben Jahr Nationalratswahlen anstehen, gilt Zürich national als Test. Das heisst, man kann lokal Zeichen senden, die national wahrgenommen werden. Sollte die GLP auf Kosten der FDP punkten, ist das ein Signal an die FDP, sich mehr um Umweltanliegen zu kümmern. Verliert die SP an die Grünen und die GLP, so ist das ein Fingerzeig, dass die Wählerschaft das Versenken des EU-Rahmenabkommens nicht goutiert. Der Stimmzettel wird damit zum Politik-Instrument über den Kanton hinaus. Allerdings sollte man nicht unterschätzen, was der Kantonsrat alles entscheidet. Auch wenn die klassischen Medien kaum darüber berichten.

Kantonsratswahl für Fortgeschrittene III: Das Wahlsystem

Weil es keine Listenverbindungen mehr gibt, gehen Stimmen an Jux- und Aussenseiterparteien verloren. Eine Partei muss in einem der 18 Wahlkreise mindestens 5 Prozent erreichen, sonst verfallen die Stimmen. Das Proporzsystem führt dazu, dass jede Stimme für eine Partei zählt. Wegen der blödsinnig kleinen Wahlkreise kann man kaum sinnvoll einzelne Personen unterstützen, sondern muss Vorlieb nehmen, mit denen die im eigenen Wahlkreis sind. Kurzum, wegen grosser Parteien wie der SVP, der SP oder der FDP bleibt das Kantonsratswahlsystem demokratiepolitisch äusserst unbefriedigend.