Urnengang vom

27. März 2022
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Kanton Bern
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Regierungsratswahlen

Sechs der sieben aktuellen Regierungsmitglieder streben eine neue Amtszeit an:

  • Christoph Neuhaus (SVP), Bau- und Verkehrsdirektor. Steht im Kreuzfeuer wegen mangelhafter Aufsicht über Kiesgruben-Kartelle, zweifelhafte Altstoffdeponien und unrechtmässigen Subventionen für die BLS.
  • Pierre-Alain Schnegg (SVP), Gesundheits- und Sozialdirektor. Sozialpolitischer Hardliner, zunächst auch bekannt für strenge Corona-Massnahmen. Diesbezüglich hat er sich zunehmend seiner Parteilinie angenähert.
  • Philippe Müller (FDP), Sicherheitsdirektor. Ruhe und Ordnung sind seine Devise, im Umgang mit Asylsuchenden kennt er keine Nachsicht.
  • Christine Häsler (Grüne), Bildungs- und Kulturdirektorin. Pragmatisch und kompromissfähig, «die Lieblingslinke der Bürgerlichen» nennt sie die Zeitung «Der Bund». Beim Umgang mit Corona in den Schulen oft etwas unentschlossen.
  • Evi Allemann (SP), Direktorin für Inneres und Justiz. Ihr unterstehen u.a. die Baubewilligungen in  Landwirtschaftszonen – Anlass zu stetem Zwist mit ländlichen PolitikerInnen, die beim Bauen weniger Einschränkungen wollen. 
  • Christoph Ammann (SP), Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektor. Unauffälliger Schaffer im Hintergrund, gewiss kein «Kampflinker». Mit der Bewältigung der wirtschaftlichen Pandemiefolgen hat er sein Profil aufgewertet.

Dank der jeweiligen Parteistärke und dem «Bisherigen-Bonus» werden diese drei bürgerlichen und drei links-grünen RegierungsrätInnen wohl wiedergewählt. Smartvote: Die bisherigen Regierungsmitglieder haben sich dem Smartspider verweigert. 

Damit richtet sich das Augenmerk auf den Sitz der zurücktretenden Finanzdirektorin Beatrice Simon (Die Mitte, vormals BDP). An ihrer Nachfolge entscheidet sich, ob im Kanton Bern wie bisher eine bürgerliche oder – wie mehrfach in der Vergangenheit – eine links-grüne Mehrheit regieren wird.

  • Die Bürgerlichen wollen ihre Position mit der Mitte-Politikerin Astrid Bärtschi verteidigen. Die 48-jährige Juristin sitzt im Gemeindeparlament von Ostermundigen. Sie war nie im Kantonsparlament und ist bisher in der Öffentlichkeit wenig bekannt.  Die frühere Generalsekretärin der BDP Schweiz und Kommunikationschefin der Mitte-Partei ist allerdings politisch versiert. Als einzige Frau auf der bürgerlichen Viererliste stehen ihre Wahlchancen gut. Smartvote
  • Das links-grüne Bündnis setzt für die Rückeroberung der Regierungsmehrheit auf Erich Fehr (SP), den gemässigt-linken, zweisprachigen Stadtpräsidenten von Biel. Das Amt erscheint als Sprungbrett für höhere Weihen: SP-Ständerat Hans Stöckli war zuvor Bieler Stadtpräsident, ebenso Erich Fehrs Vater, der im Nationalrat und bis 1997 im Regierungsrat sass. Im bürgerlich geprägten Kanton Bern scheint die Wahl von vier links-grünen Regierungsmitgliedern unwahrscheinlich – doch in einer Majorzwahl sind immer wieder Überraschungen möglich. Smartvote
  • Mit den Kandidaturen von Casimir von Arx (GLP) und Christine Grogg (EVP) hoffen zwei vereinigte Zentrumsparteien, in der künftigen Regierung Brücken zu bauen – und das Zünglein an der Waage zu spielen. Doch ihre Wahlaussichten stehen schlecht. Smartvote von Arx und Grogg

Noch chancenloser sind jene acht Personen, die sich für diverse Kleinstparteien oder als Parteilose um ein Regierungsamt bewerben.

Gut möglich, dass am 27. März keine sieben Kandidaturen das absolute Mehr erreichen. Dann kommt es am 15. Mai zu einem zweiten Wahlgang.

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Grossratswahlen

Um die 160 Parlamentssitze des Grossen Rats bewerben sich in den neun Wahlkreisen über 2200 Personen auf 158 Listen. 

Neu dabei ist die aus der Corona-Massnahmengegnerschaft hervorgegangene Gruppierung «Aufrecht». Man darf gespannt sein, ob sie trotz abklingender Pandemie Erfolg hat – und ob dies auf Kosten der SVP geschieht.

Hier ein Überblick über die massgeblichen Parteien im Rennen um Grossratsmandate:

Die SVP ist bei den Wahlen 2018 auf 26,8 % Wähleranteil zurückgefallen.

Um wieder aufzuholen, bewirtschaftet sie gerne den Gegensatz zwischen Stadt und Land: Während StädterInnen bloss grün daherredeten, würden die (SVP-nahen) Bauern tatsächlich die Natur schützen, behauptet die SVP-Kampagne etwa – und versucht sich so als wahre grüne Partei darzustellen. Wie auch immer: Die SVP wird die klar stärkste Berner Partei bleiben. www.svp-bern.ch

Die SP muss – nach Sitzgewinnen im Jahr 2018 – um ihren damaligen Wähleranteil von 22,2 % bangen. Ihr Einsatz für sozialen Ausgleich und eine konsequente Klimapolitik steht wie anderswo unter dem Konkurrenzdruck der Grünen. Auch die überall erstarkenden Grünliberalen nagen am Wählerpotential der SP. Den Rang als zweitstärkste Partei im Kanton dürfte sie dennoch behalten. wahlen.spbe.ch

Die FDP kämpft vorweg gegen die notorisch hohe Steuerlast im Kanton Bern. Sowohl für Private wie für Unternehmen sollen die Abgaben sinken – im Gegenzug will die FDP den kantonalen Personalbestand reduzieren und «wo dies hinsichtlich Qualität und Preis lohnend ist» staatliche Aufgaben auslagern.  www.fdp-be.ch/willkommen

Die Grünen haben zwar in der vergangenen Legislatur zwei empfindliche Abstimmungsniederlagen erlitten (abgelehntes bernisches Energiegesetz 2019, abgelehnte Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern 2022). Wahlzettel hingegen bleiben für das Stimmvolk ohne Kostenfolge – weshalb die Grünen dank immer noch aktueller «grüner Welle» auf einen Zugewinn hoffen können. gruenebern.ch/wahlen-2022

Ob Die Mitte – in Bern ist dies hauptsächlich die vormalige BDP – ihren Krebsgang stoppen kann und vom neuen Parteinamen profitiert? Oder verschwindet sie zusehends zwischen den geistesverwandten Kontrahenten FDP und GLP? Erst der Wahltag wird es weisen. Hilfreich ist immerhin, dass Die Mitte mit Astrid Bärtschi über eine öffentlichkeitswirksame Regierungskandidatin verfügt. be.die-mitte.ch

Die GLP geniesst schweizweit wachsenden Zuspruch dank ihrem Mix aus liberaler Grundhaltung und ökologischem Engagement. «Weder richtig liberal noch wirklich grün» mäkeln zwar manche. Doch zahlreicher sind wohl die Wählenden, die in den Grünliberalen das Beste aus zwei Welten sehen. So dürfte ihr Wähleranteil von 2018 (6,9 %) heuer deutlich wachsen. be.grunliberale.ch

Die EVP als den christlichen Werten verpflichtete Partei des Ausgleichs ist keinem eindeutigen Block zuzuordnen. Sie hat seit Jahren eine stabile Stammwählerschaft und wird ihren Wähleranteil von rund 6 % wohl halten. www.evp-be.ch/wahlbe22

Die EDU, die andere christlich geprägte Partei, interpretiert die Bibel auf evangelikale Weise und segelt zumeist auf dem rechtsnationalen Kurs der SVP. Seit 2006 ist ihr Wähleranteil von 4,8 % auf 3,6 % gesunken. Doch 2019 gelang ihr dank geschickter Listenverbindung der Coup, einen Nationalratssitz zu erringen. Die Partei ist vor allem im Oberland und im Emmental gut verankert und wird dem Grossen Rat erhalten bleiben. www.edu-be.ch