National- und Ständeratswahlen vom:
21.Oktober 07
Bürgerlich-urban: Felix Gutzwiller (FDP) und Verena Diener (Grünliberal)
Kompromisslos Linksgrün: Daniel Vischer (Grüne), Niklaus Scherr (Alternative)
Urban und undogmatisch: Chantal Galladé (SP) und dazu Verena Diener (Grünliberal) oder Felix Gutzwiller (FDP)
Der Ständerat ist die gewichtigere Kammer. Pro Kanton gibt es nur zwei Ständeräte, deshalb ist ihre Stimmkraft beträchtlich. In Zürich werden zwei neue gewählt. Sicher ist ein Sitz für Felix Gutzwiller (FDP). Die interessante Frage ist, ob im bürgerlichen Kanton Zürich der zweite Sitz an den polarisierenden SVP-Boss Ueli Maurer geht. Oder ob jemand Maurer überrunden kann. Und wer für einen wahrscheinlichen zweiten Wahlgang die grössten Chancen hat.
Felix Gutzwiller (FDP), 59, wird mit Sicherheit gewählt werden. Das hat einiges für sich: Der FDP-Fraktionschef war eine treibende Kraft bei der Einführung der Heroinabgabe und setzt sich ein für die Entkriminalisierung des Kiffens. Ansonsten weibelt der Präventivmediziner für Rauchverbote, und steht der Pharmaindustrie sehr nahe. Wirtschaftlich ist Gutzwiller stramm bürgerlich. Gegen Gutzwiller spricht der gemeinsame Wahlkampf mit SVP-Mann Ueli Mauerer.
Verena Diener (grünliberal), 58, hat viel Erfahrung als Gesundheitsdirektorin des Kantons Zürich. Sie hat die beste Chance, den SVP-Hardliner Maurer zu verhindern. Diener steht für eine grüne Politik, die sich marktwirtschaftlicher Instrumente bedient. Gegen sie spricht ihr Hang zu Repression (Arbeitseinsatz für junge Säufer) und ihre Befürwortung des Asylgesetzes.
Chantal Galladé (SP), 34, steht in der SP für eine jüngere Generation, die sich vom Gewerkschaftskonservativismus absetzt. So setzte sie sich gegen ein Sonntagsverkaufs-Verbot in Bahnhöfen ein. Die Bildungsspezialistin hat als allein erziehende Mutter und Berufsschullehrerin eine realistische Perspektive ihrer Themen. Etwas opportunistisch wirkte Galladé mit ihrem Ruf nach mehr Repression gegen Jugendgewalt kurz vor der Wahl, ausserdem befürwortete sie die rechtlich äusserst fragwürdige Hooligan-Strafnorm.
Daniel Vischer (Grüne), 57, kommt von der linken Poch und gehört bei den Grünen zum hedonistischen Flügel. Als Gewerkschafter vertritt er konsequent linke Positionen. Als Anwalt empfiehlt er sich durch sein feines Gespür für rechtsstaatliche Garantien, die Bürger gegenüber der Staatsgewalt brauchen. Allerdings hat Vischer nur Aussenseiterchancen.
Kathy Riklin (CVP), 54, hat viele Jahre Erfahrung als Gemeinde- und Nationalrätin. Die Geologin und Mittelschullehrerin steht für eine konsensorientierte sozialliberale Mitte-Politik mit grünen Akzenten. Allerdings sind Riklins Wahlchancen minim.
Ueli Maurer, SVP-Parteichef ist der denkbar schlechteste Vertreter für Zürich. Er präsidiert die anti-urbane Partei schlechthin. Er kämpft für bäuerisch-konservative Interessen, die auf Kosten der Städter durchgesetzt und von den Städtern bezahlt werden. Als Nationalkonservativer kämpfte er gegen die Interessen unserer international orientierten Wirtschaft, als Traditionalist gegen die Freiheit, so zu leben, wie man will.
Diverse: Alle anderen Kandidieren haben nicht einmal den Hauch einer Chance und kandidieren nur wegen der Werbung für ihre Nationalratslisten.
Felix Gutzwiller(FDP) wird sicher gewählt. Deshalb ist nur der zweite Sitz interessant. Wahrscheinlich kommt es zu einem zweiten Wahlgang. Denn: Im ersten Wahlgang braucht es eine Mehrheit aller Stimmenden. Im zweiten Wahlgang gewinnt, wer am meisten Stimmen hat. Der Kanton Zürich ist bürgerlich geprägt: 2003 kamen SVP und FDP auf 49% Prozent. Deshalb hat neben FDP-Gutzwiller der SVP-Mann Maurer beste Chancen. Im ersten Wahlgang geht es deshalb darum, wer die beste Ausgangsposition als Alternative zu Mauer hat. In der Reihenfolge ihrer Chancen sind das: Verena Diener (grünliberal), Chantal Galladé (SP), Daniel Vischer (grün), Kathy Riklin (CVP). Von diesen vier wählt man sich die beiden Genehmsten oder einen Favoriten aus, und hofft auf den zweiten Wahlgang.
Eine (und nur eine!) der folgenden Listen auswählen und ins Wahlcouvert stecken:
Nur diese Listen kommen für urbane Wähler in Frage. Die anderen sind entweder stockkonservativ, Aussenseiter ohne Chancen oder Marketinggags der grossen Parteien.
02 SP: Die Zürcher Delegation der SP ist gewerkschaftskonservativ und verknöchert. Daraus ergibt sich eine eher uninspirierte Politik unter dem Banner sozial & öko.
03 FDP: Vom liberalen, modernen Aufbruch des FDP-Schweiz Chefs Pelli ist in Zürich wenig zu spüren. Die Zürcher FDP hängt der SVP am Rockschoss, wird Blocher wählen und hat wenig zu bieten.
04 Grüne: Die Grüne politisieren konsequent links, haben keinerlei Gehör für die Bedürfnisse der Wirtschaft, wirken aber sehr viel beweglicher als die grosse Schwester SP.
05 CVP: Die CVP positioniert sich als Mittepartei, die wechselnde Allianzen schmiedet. Sie ist wirtschaftsliberal, hat aber ein Gehör für ökologische und soziale Anliegen und steht ein für die Unterstützung von Familien.
08 Alternative: Die AL ist konsequent und immer links. Konkret geht es darum, ob sie Mieterverbandspräsident Niklaus Scherr in den Nationalrat bringt. Scherr ist auch ein Vertreter der Rechte des Individuums gegenüber der Staatsgewalt.
11 Grünliberale: Die Abspaltung der Grünen ist ökologisch, wirtschaftfreundlich und finanzpolitisch konservativ.
Politisch interessant sind selten Listen, sondern konkrete Köpfe. Allerdings nur solche, die auch gewählt werden können. Einfluss nehmen kann man, indem man die Listen verändert. Dabei gibt es zwei Wege:
Achtung: Neben dem Namen der Kandidaten, die Zahl die links von ihm steht, dazu schreiben.
Konkret gibt es zwei Gründe, eine Liste zu ändern. Man nimmt einen Kandidaten mit guten Chancen, und hofft, dass er auf Kosten eines anderen Kandidaten reinkommt. Oder man wählt jemanden, damit er oder sie das nächste Mal einen sicheren Listenplatz erhält.
02 SP: Die SP hatte 2003 zehn Sitze, möglicherweise werden es nur noch 9. Wer SP wählt, sollte alte Damen wie (0207) Vreni Hubmann oder (0208) Vreni Müller-Hemmi streichen. Ersetzen kann man die durch aufgewecktere Kandidaten wie (0214) Jacqueline Badran, die etwas von kleinen Unternehmungen und Untergrundkultur versteht, durch (0215) Daniel Jositsch, der zwar eine repressive Jugendpolitik vertritt, aber als Strafrechtsprofessor ein eloquenter Fachmann ist, oder durch (0210) Robert Rodriguez, der schon einmal einen Betrieb geführt hat und für Secondos einsteht.
03 FDP: Die FDP könnte sechs Sitze machen, wobei Felix Gutzwiller, die Nummer 1 der Liste, in den Ständerat gewählt wird. Streichen sollte man (0302) Filippo Leutenegger, der besser zur SVP als zur FDP passt, ebenso wie (0304) Markus Hutter (für Hanfrepression) und (0305) Doris Fiala, die mehr Polizeieinsätze in den Clubs verlangt und dafür verantwortlich ist, dass die Zürcher FDP der SVP hinterher trottet. Interessante Kandidaten sind: (0303) Rudolf Noser, (0309) oder (0308) Hans-Peter Portmann, der an vorderster Front für die schwulen Partnerschaften hinstand und die Swiss Easy Tax erfunden hat.
04 Grüne: Die Grünen hatten vor der Abspaltung der Grünliberalen drei Sitze. Durch Zuwachs könnten sie die drei Sitze halten, wobei die Parteipräsidentin Genner und Ständeratskandidat Vischer sicher gewählt sind. Interessant wird, ob der dritte Platz an den Junggründen (0404) Bastien Girod oder an (0403) Marlies Bänziger geht. Weil Girod gesellschaftsliberaler ist, empfehlen wir: Bänziger streichen, Girod zweimal auf die Liste.
05 CVP: Die CVP dürfte trotz Gewinnen wieder zwei Sitze machen. Die beiden Spitzenkandidaten stehen für ein sozialliberale Mittepolitik. Eine symbolische Doppel-Stimme verdient hätte der Züricher CVP-Präsident (0506) Markus Arnold, der immer wieder mutig gegen den Extremismus der SVP Stellung bezieht.
08 Alternative: Die AL hat Chancen, dass sie Niklaus Scherr in den Nationalrat bringen könnte. Der Mieterverbandspräsident ist ein gewiefter Altpolitiker, der streng links und öko politisiert, in juristischen Fragen aber eine liberale Position zugunsten des Einzelnen einnimmt. Die grösste Chance auf eine Wahl hat Scherr, wenn man die AL-Liste unverändert einlegt.
11 Grünliberale: Die Abspaltung der Grünen ist ökologisch, wirtschaftfreundlich, in Fragen der Freiheit des Individuums aber oft das Gegenteil von liberal. Die beiden Spitzenkandidaten (1101) Martin Bäumle und (1102) Angelina Tiana Moser vertreten aber durchwegs weltoffene Positionen.
Ausgangsliste ist die Liste 08 Alternative:
Grund: Die Stimmen kommen Niklaus Scherr zugute, der ein gewiefter urbaner Politiker und in juristischen Fragen äussert liberal ist. Deshalb kann man seine konservativ-linken Positionen in Kauf nehmen.
Nach gusto zwei Namen streichen und ersetzen durch (0404) Bastien Girod.
Grund: Damit hilft man, dass Platz drei bei den Grünen eher an den offeneren Girod statt an Konkurrentin Bänziger geht.
Zwei weitere Namen streichen und durch (0214) Jacqueline Badran, SP, ersetzen, um der SP zu signalisieren, dass die Zeit der konservativen alten Damen vorüber ist.
Ausgangsliste ist die Liste 05 CVP.
Grund: Durch Stärkung der CVP wird der FDP signalisiert, dass die SVP-Bündnis-Politik der falsche Weg ist.
Zwei Namen streichen und ersetzen durch (0506) Markus Arnold, damit wird deutlich, dass der Wähler seine Abgrenzung gegenüber der SVP honoriert.
Zwei Namen streichen und (0303) Rudolf Noser von der FDP auf die Liste, weil Noser für die liberal-moderne FDP steht.
Aus taktischen Gründen könnte man noch ein paar Stimmen an die Linke geben, um dort Gewichte zu verschieben: (0214) Jacqueline Badran (SP) ist Unternehmerin, (0210) Robert Rodriguez (SP) arbeitet zwar zur Zeit als Funktionär, hatte aber ein Restaurant und hat damit mehr Gehör für kleine Betriebe als SP-Lehrerinnen und Gewerkschaftslautsprecher.
Entweder 08 Alternative Liste einlegen, weil linker geht nicht. Oder:
Wer eher links ist, legt die 04 Grüne ein, wer zwar öko, aber auch mit Verständnis für die Bedürfnisse von Betrieben ist, legt
Man nehme eine Liste, die einem ein wenig zusagt, darauf schreibt man:
Bei Smartvote kann man einen politischen Fragebogen ausfüllen und beantworten und erhält dann passende Kandidaten. Das Problem: Oft haben die vorgeschlagenen Kandidaten keine Chance. Man wirft also seine Stimme weg. Oder man wählt z.B. einen liberalen Freisinnigen von hinten auf der Liste und stärkt damit einen SVP-Freisinnigen. Gut ist Smartvote, wenn man mehr über einzelne Politiker erfahren will, deshalb haben wir überall links zu den Politiker-Profilen gelegt.
Umweltrating aller Kandidaten von WWF, Greenpeace etc.