Kommentar: Wohnungsverhinderer & Preistreiberinnen

Dem Zürcher Stadtrat, in dem rotgrün eine Zweidrittelmehrheit hat, kann man nun wirklich nicht vorwerfen, er sei nicht links. Seit den letzten Wahlen aber kommt es, insbesondere in der Wohnungsfrage, immer wieder zu Fronstellungen zwischen dem Stadtrat und einer nach links gerutschten, jusoifizierten Gemeinderats-SP. Das war so bei der Fussballstadionvorlage, welche die SP samt den Wohntürmen verhindern wollte. Und das ist so beim SBB-Projekt an der Neugasse, das – als Kompromiss – zwei Drittel günstige Wohnungen vorsieht.

Diesen Kompromiss torpediert die Gemeinderatslinke mit dem Ja zur Neugass-Initiative – gegen den rotgrünen Stadtrat. Gerne verweist man dabei auf das in der Gemeindeordnung verankerte Ziel, dass ein Drittel der Wohnungen gemeinnützig sein soll. Auch wir von votez.ch haben damals die Drittelsvorlage unterstützt, damit die Stadt mehr baut und Genossenschaften mehr Wohnungsproduktion ermöglicht. Die breite Zustimmung der Stimmbevölkerung kam aber nicht zustande mit der Idee, das man privaten Wohnungsbau verhindert, um das Drittelsziel zu erreichen.

Genau das aber tut die Neugass-Initiative. Lieber versenkt oder verzögert man ein fertiges Projekt mit zwei Dritteln günstiger und einem Drittel normaler Wohnungen, als auf unrealistische Maximalforderungen zu verzichten. Und schwadroniert, Schuld an den hohen Wohnungspreisen seien profitgierige Konzerne. Das ist Unsinn. Die hohen Preise privater Vermieter sind eine Folge der Knappheit beim Wohnungsangebot. Und die wiederum hängt auch damit zusammen, dass Zürich mit gesetzlichen Riegeln die energische Produktion von Wohnungen verunmöglicht.

Statt durch die Verhinderung von Wohnbauprojekten, könnte man sich dem Drittelziel auch annähern, indem man Genossenschaften und der Stadt mittels Gestaltungsplänen massiv grössere Ausnützung für Wohnungsbauten ermöglichen würde.

Das Problem von Zürich ist, dass generell und in allen Preissegmenten Wohnungen fehlen, weil die Stadt nach wie vor äusserst attraktiv ist. Mit dem SBB-Deal geht der Stadtrat in die richtige Richtung: Es werden mehr Wohnungen gebaut, und man hat den SBB zwei Drittel günstige Wohnungen abgetrotzt.

Es ist idiotisch, ein Projekt, das Wohnraum für 900 Personen schafft, zu torpedieren. Die Verweigerungshaltung ist mit ein Grund, warum es in Zürich zu wenig Wohnraum gibt. In den USA kämpft eine Graswurzelbewegung für mehr bezahlbare Wohnungen dadurch, dass sie Baufirmen zwingt, Flächen stärker auszunutzen. Das wäre ein Perspektivenwechsel, mit dem man an der Neugasse in absoluten Zahlen noch mehr preisgünstigen Wohnraum hätte realisieren können. Wem das Wohnproblem mehr bedeutet, als das blosse Abrufen ideologischer Posen, sollte den Stadtrat drängen, mehr zu bauen und  mehr Bauten zuzulassen, nicht aber Bauprojekte versenken.

NEIN – 1 Volksinitiative «Eine Europaallee genügt – jetzt SBB-Areal Neugasse kaufen»

Die Initiative verlangt, die Stadt solle von den SBB das Neugass-Areal kaufen, um darauf 100% gemeinnützige Wohnungen zu bauen. Die SBB will aber nicht verkaufen. Sie hat sich bereit erklärt, von 375 Wohnungen, die sie bauen will, 1/3 gemeinnützig und 1/3 zu Kostenmieten, d.h. günstig zu vermieten. Ein Kompromiss, der im Gemeinderat von AL und Bürgerlichen gegen SP und Grüne angenommen wurde. Mit der Initiative soll dieser Kompromiss gekippt werden. Der Stadtrat argumentiert: Die Initiative ist nicht umsetzbar, weil die SBB nicht zum Verkauf gezwungen werden kann. Die SBB sagt, sie würde bei einem Ja auf die ausgehandelte Überbauung verzichten. Die Linke hofft, die SBB würde neu verhandeln. Klar ist: Bei einem Ja käme es entweder zum kompletten Abbruch des Projekts. Oder – falls doch verhandelt würde – zu massiven Verzögerungen. Zürich aber braucht dringend mehr Wohnraum.

Ja sagt die Linke. Nein: GLP, Bürgerliche und der Stadtrat.